Shiva ist eine der komplexesten und facettenreichsten Gottheiten im Hinduismus. Viele vorläufige Einführungen in Shiva stellen ihn neben "dem Schöpfer" (Brahma) und "dem Erhalter" (Vishnu) als "Zerstörer" dar. Shivas höchst göttliche Persönlichkeit drückt sich in verschiedenen Erzählungen, rituellen Praktiken und physischen Darstellungen aus. Er kann als kosmischer Tänzer oder in der anikonischen Form der Linga oder als Pfeil und Bogen dargestellt werden. Einige Formen widersprechen jedoch direkt anderen. Nachfolgend finden Sie diese paradoxen Formen, die als Einführung in diese mehrdimensionale Gottheit dienen.
Shivas Zerstörungskraft hat das Potenzial, eine Angst in der Vorstellung zu erzeugen. Shiva zerstört jedoch aus Gründen, die letztendlich von Vorteil sind. Während Shivas Zerstörungskräfte manchmal das physische Universum betreffen, bedeutet Zerstörung auch das Ende illusorischer und falscher Sichtweisen auf die Realität (Maya), damit ein neues Zeitalter der Weisheit geboren werden kann. Daher wird Shiva für diejenigen Hindus, die sich mit spirituellen Praktiken wie bestimmten Arten der Meditation beschäftigen, zu einem Schwerpunkt der Anbetung, da er für die Auflösung des egozentrischen Standpunkts verantwortlich ist.
Eine andere Art und Weise, wie Shiva eine paradoxe Persönlichkeit zeigt, ist seine Rolle sowohl als Asket, der auf die Welt verzichtet hat, als auch als leidenschaftlicher, liebevoller Ehemann der Göttin Parvati. Er hat zwei Kinder mit Parvati, Ganesha und Kartikeya. In der traditionellen hinduistischen Gesellschaft ist der Asket jemand, der bewusst auf häusliche Partnerschaft und andere weltliche Pflichten wie Kinder für ein Leben verzichtet, das der Einsamkeit und der spirituellen Praxis gewidmet ist.
Shiva wird in Gemälden oft als Asket dargestellt, der die minimalen Tierhautstoffe eines Asketen trägt, eine Schlange um den Hals gewickelt und in einer Meditationsposition sitzt. Er wird auch oft mit seiner Frau Parvati neben seinen beiden Kindern dargestellt. Innerhalb dieser widersprüchlichen Rollen zeigt Shiva ein Spektrum starker Emotionen, von unerschütterlicher Ruhe und Frieden über starke Leidenschaft bis hin zu destruktivem Ärger. Daher leben diese paradoxen Darstellungen gleichzeitig in der hinduistischen Vorstellung.
Shiva wird auch als Ardhanarishvara dargestellt, eine andere paradoxe Form, in der eine Hälfte seines Körpers männlich und die andere Hälfte weiblich ist. Die weibliche Hälfte ist seine Gemahlin Parvati. In symbolischen Begriffen verkörpert Ardhanarishvara sowohl die männlichen als auch die weiblichen Energien des Universums und das kosmische Gleichgewicht, das durch diese Verschmelzung von Gegensätzen erreicht wird.
Viele weitere Darstellungen und Erzählungen demonstrieren Shivas komplexe Persönlichkeit und Kräfte. Ein Blick nur auf jene Formen, die paradox sind, dient als Einführung in die Mehrdimensionalität dieser Gottheit im hinduistischen Denken und Handeln.
Video-Anleitungen: Das Vermächtnis des Buddha - Raimund Hopf (April 2024).